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Der Klimawandel kostet nicht nur viel Geld, sondern er wird auch Wirtschaftsstrukturen verändern. Während sich die Ökobranche laut einer aktuellen Studie in Deutschland zu einem Jobmotor entwickelt, bekommt die Bevölkerung in armen Regionen überwiegend die negativen Folgen des Klimawandels zu spüren.

Vier Milliarden Euro muss Deutschland nach Berechnungen des Umweltbundesamtes jährlich in Klimaschutzmaßnahmen investieren, um den Ausstoß von Treibhausgasen massiv zu reduzieren. Das Geld soll nach Ansicht des Präsidenten des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, vor allem in erneuerbare Energien und Wärmedämmung fließen. Um die Erderwärmung zu stoppen, so Troge in einem Interview, müssten die Industriestaaten bis 2050 den Ausstoß an Treibhausgasen um 80 Prozent reduzieren. Andernfalls könnten sich die Kosten für Umweltschäden oder die Behandlung klimabedingter Krankheiten allein in Deutschland auf 100 Milliarden Euro jährlich summieren. Die 35.000 Hitzetoten in Europa im Sommer 2003 sind nach Einschätzung des Europabüros der Weltgesundheitsorganisation in Rom nur ein erstes alarmierendes Beispiel dafür.

Bereits im Oktober hatte der Stern-Report, benannt nach dem ehemaligen Chefökonom der Weltbank Nicoals Stern, vor den immensen Kosten des Klimawandels gewarnt. Würde nichts gegen den Klimawandel unternommen, so der Bericht, kämen Kosten von fünf bis 20 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts auf die Menschheit zu – Zahlen, die nur vergleichbar seien mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren.

Millionen Menschen könnten zu Klimaflüchtlingen werden

Während also die Ökobranche zunehmend als lukratives Geschäftsfeld erkannt wird, trifft der Klimawandel die armen Regionen schon heute besonders schwer. Extreme Dürreperioden oder Überschwemmungen erschweren das Leben. Sie könnten viele Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen machen.

Zudem zeigt sich eine Kehrseite der Nachfrage nach umweltfreundlichen Energien seitens der Industrienationen. So werden für die Gewinnung von umweltfreundlichem Biodiesel oder die Ethanolherstellung in Indonesien, Malaysia und Brasilien Regenwälder gerodet, um dort Anbauflächen zu schaffen. Ein anderes Beispiel für die negativen Folgen der erhöhten Nachfrage nach Bioenergie zeigt sich in Mexiko. Dort ist das wichtigste Nahrungsmittel, das Tortilla-Mehl, das aus Mais hergestellt wird, für die arme Bevölkerung fast unerschwinglich geworden. Industriestaaten kaufen den Markt leer, um aus Mais Biodiesel für ihre Fahrzeuge zu gewinnen.

Der frühere Umweltminister und Chef des Klimaprogramms der Vereinten Nationen, Klaus Töpfer, warnte anlässlich des am Freitag veröffentlichten zweiten Teils des aktuellen UN-Klimaberichtes, dass der Klimaschutz nicht primär dem Zweck dienen dürfe, möglichst lange unseren energieintensiven Lebensstil fortzusetzen: „Es muss klar sein, dass unser Lebensstil kein Exportartikel für die Welt ist – und dass wir ihn verändern müssen“, so Töpfer. Durchschnittlich zehn Tonnen Kohlendioxid pro Jahre verursache ein Deutscher – das ist nur halb so viel wie ein Amerikaner, aber zehnmal mehr als ein Afrikaner.

bpb.de, 10 April 2007